An dieser Stelle: Lieber Sohn, es tut mir unendlich leid, dass ich mich dir gegenüber so fies verhalten habe! Ich liebe dich von Herzen, und was ich mir da geleistet habe ist furchtbar!
Und ich stelle klar, dass ich inzwischen auch ausgiebig mit dem Kind gesprochen und gekuschelt habe.
Es fing damit an, dass der Sohn anrief, er habe seine Sporttasche an der Bushaltestelle vergessen, ob ich die holen könnte. Ich fing sofort an zu kochen, hielt mich aber zurück und fuhr los. In Gedanken strich ich aber schon das Taschengeld.
Ich konnte die Tasche aber weder an der Bushaltestelle, noch im Gebüsch dahinter, noch im der Fundecke seiner Schule, noch in der der Nachbarschule finden.
Mehrere Telefonate mit dem Sohn zwischendurch ergaben, dass das Kind nun der Meinung war die Tasche doch im Bus verloren zu haben. Ich kochte und wurde im Ton sehr, sehr trocken und ruppig.
Ich ärgerte mich weiter und überlegt, wie wir wieder an die Tasche kommen könnten. Zuhause angekommen informierte ich den Ehemann, der noch in der Stadt war und mit dem Busunternehmen Kontakt aufnahm. Dann fing ich an, das arme Kind auszufragen und immer mehr anzubrüllen, denn der Sohn gab ein wirres Durcheinander an Vermutungen und Eindrücken von sich. Das Kind weinte. Ich hatte kein Mitleid.
Der Ehemann kam nach Hause. Ohne Tasche. Auch er fragte das Kind aus. Sehr ruhig. Ich kochte und brüllte zwischendurch weiter. Ich kam an den Punkt wo ich dem Kind nichts mehr glaubte. Und ich überlegt, wann ich neue Sportschuhe, die Montag gebraucht würden, kaufen würde und wie diese zu finanzieren seien. Das Fundbüro der Buslinie wäre am nächsten Tag noch eine kleine Chance.
Die Tochter hatte einen Termin und musste gefahren werden. Damit wären wir schon auf halbem Weg zur Schule des Sohnes. Im Klassenzimmer und im letzten Unterrichtsraum hatte ich nicht kontrolliert. Also zitierte ich den Sohn zu mir, dass er mitkäme und wir alles ablaufen.
Im Auto schimpfte ich weiter. Warum konnte ich nicht die Klappe halten? Als die Tochter abgeliefert war, weinte der Sohn wieder. Verdammt. Nun weinte ich auch.
In der Schule des Kindes, Gang zum letzten Unterrichtsraum: Das kann nicht sein!
Doch:
Für nichts und wieder nichts hatte ich einen cholerischen Anfall nach dem andern bekommen. Das arme Kind. Mütterlicher Totalausfall.