Archiv der Kategorie: Musik

Musik

Arrangement geschafft!

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Fenster auf, Rolladen fast runter, damit es bei der Wärme unterm Dach erträglich bleibt.

Seit Wochen quälte ich mich mit dem Arrangement des diesjährigen Musicals herum. Zuerst konnte ich mich gar nicht überwinden überhaupt dran zu gehen und nach den ersten beiden Stücken, die mir überhaupt keinen Spaß machten, fand ich wieder ständig Gründe für einen Aufschub. Klassenarbeiten, Italienaustausch…

Ich wusste allerdings, dass es mich wahnsinnig machen würde, wenn ich die nächste unterrichtsfreie Zeit (=Pfingstferien) noch mit dem Arrangement verbringen würde. Zudem sollten die Schüler ihre Noten vorher erhalten, um genug Zeit zum Üben zu haben. Also setzte ich mir den heutigen Tag, 9.20 Uhr (große Pause) als Deadline. Da sollte die Notenausgabe stattfinden. Bis dahin musste alles fertig sein.

Der Himmelfahrtstag wurde durch einen Brückentag von vielen für einen Kurzurlaub genutzt. Da ich Donnerstag und Freitag ohnehin unterrichtsfrei habe, war das für mich einen Mogelpackung, denn die an diesen Tagen anstehenden Arbeiten außerhalb der Schule lösen sich ja nicht in Luft auf und zusätzlich sind die Kinder nicht in der Schule, sondern fordern Aufmerksamkeit. Allerdings wollte es die glückliche Fügung, dass eines unserer Kinder mit den anderen Ministranten für die vier Tage auf eine Hütte ging. Das jüngste Kind hatte sich zwei halbtägige Verabredungen besorgt und das übrige Kind hatte zwar Verabredungen, die sich leider zerschlugen, aber dieses Kind ist ohnehin nur mit Mühe zu überreden, sein Zimmer auch mal zu verlassen.

Also zwang ich mich gnadenlos alle Hausarbeit zu ignorieren:

„Nein, nicht auf den Fußboden gucken. Da sind keine Krümel und auch keine Haare!“

„Es ist noch gewaschene Wäsche da – wirklich!“

„Liebster süßer Ehemann, koch uns bitte was!“ (Es schmeckte wie immer vorzüglich!)

„Ich kann noch durchs Wohnzimmer laufen. Es ist noch Platz zwischen Spielzeug, Sportsachen und Schultaschen!“

Auf das Laufen verzichtete ich dagegen nicht! Die Hockerei machte mich halb irre, da brauchte es den Auslauf!

Schatzkästchen mit Nervennahrung!

So schaffte ich in vier Tagen sechs Stücke. Die kürzeren sparte ich für den Schluss auf und schaffte dann Montag nach der Schule tatsächlich zwei und die letzten beiden dann gestern. 17 Uhr war dann der letzte Ton gesetzt.

Alle Stücke mit Gesang mussten nach oben transponiert werden.

Leider war die Arbeit dann noch nicht vorbei. Aus den zwölf Einzelstücken musste eine Gesamtpartitur erstellt werden und daraus wiederum die Einzelstimmen für die Instrumentalisten extrahiert werden. Ein Bier half gegen den Hunger, aber kurz vor 23 Uhr ging nichts mehr. Also verlegte ich die restliche Arbeit auf den frühen Morgen. 6.15 Uhr war die letzte Stimme als PDF gespeichert.

Hach, da wäre ich lieber zum Joggen gegangen.

Dann versorgte ich die Kinder und als die auf dem Weg zur Schule waren, schrieb ich noch eiligst den Probenplan.

In der Schule klappte dann das Ausdrucken und der Broschürendruck perfekt, andernfalls hätte ich die Deadline auch nicht halten können. Tatsächlich lief noch eine letzte Stimme durch den Drucker, als die ersten Schüler zur Abholung bereit standen.

Ausgedruckte Stimmen. Und in dem dicken Stapel ist die 90 seitiges Partitur nicht mit drin.

Partitur digital - ich bin so dankbar, dass ich das nicht alles mit der Hand schreiben musste!

Fertiges Orchestermaterial, das von Schülern heute nicht abgeholt wurde - hmpf!

Es ist wirklich geschafft!

Und das heißt, ich habe echte Ferien! Ich habe nur zwei Arbeiten zu korrigieren. Es bleibt also Zeit auszuschlafen, im Garten zu werkeln und wir können mit den Kindern Ausflüge machen! Das ist soooooooo schön!

 

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Ja, ist denn schon Weihnachten?

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Angeblich hat Duke Ellington mal gesagt: „I don't need time, I need a deadline!“

Jeder hat es gemerkt – Weihnachten steht vor der Tür. Dekorieren, Backen, Geschenke besorgen, Weihnachtsfeiern besuchen, Konzerte geben. Ich kann diese Wochen vor Heilig Abend nicht leiden. Immer wird von besinnlicher Zeit geschwafelt und dabei gibt es im Jahr kaum mehr Stress als in diesen Tagen.

In unserer Großfamilie steht zudem am zweiten Weihnachtsfeiertag ein runder Geburtstag an. Die Person hat alles was sie braucht und besorgt sich die Dinge, die sie möchte zur rechten Zeit selbst.

Trotz allem wollen wir zumindest ein Symbol unserer Liebe und Verbundenheit präsentieren. Da mittlerweile alle unsere Kinder passabel ein Instrument spielen und Musik in der Regel etwas weniger peinlich als eine Rede oder ein Gedicht ist, liegt also ein Musikstück als Geschenk nahe. Und bei der Geburtstagsfeier einer befreundeten Musikerin ließe sich das Stück auch gleich noch verbraten.

Ja, aber dazu braucht man eben jenes Stück auch erst einmal! Schon Wochen habe ich die Komposition vor mir hergeschoben, zumal sich kein zündender Gedanke einstellen wollte. Jede Minute des Tages hatte sich auch anders sinnvoll füllen lassen.

Langsam brannte es mir aber unter den Nägeln, denn die Kinder müssen ihre Parts ja auch noch entsprechend gut üben. Ich musste endlich loslegen! Nächstes Wochenende ist schon verplant, unter der Woche bin ich zu müde…

Und gestern ergab sich dann endlich die ruhige Stunde, um mit der Arbeit zu beginnen. Eine Erkältung ließ mich auf den Schwimmbadbesuch verzichten, Mann und Kinder waren aber fit und somit außer Haus. Die Wäsche war gemacht, das Abendessen vorbereitet. Ich gönnte mir noch einen kleinen Punsch und los ging es. Nach einer Stunde hatte ich etwa 14 Takte, die schon sehr viel versprechend waren und heute morgen konnte ich die Idee dann auf zwei Minuten Musik ausdehnen.

Und die Deadline hat funktioniert.

Das Gefühl endlich wieder eigene Musik geschrieben zu haben, ein Stück fertig zu haben, das einem selbst unheimlich gut gefällt, das ist wie heilig Abend in der Kindheit, als man in den neuen Schätzen schwelgte. Somit ist für mich heute tatsächlich schon Weihnachten.

 

Kompromisskomponieren

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Wie schon an andere Stellen erwähnt, leite ich ein Schulorchester. Es besteht aus Jungs und Mädels aus den Klassen 6 und 7.

Die aktuelle Besetzung ist wie folgt, wobei einige Kinder auf zwei Instrumenten eingesetzt werden wollen:

  • Querflöte 1/Piccolo
  • Querflöte 2
  • Querflöte 3
  • Saxophon 1
  • Saxophon 2
  • Saxophon 3/Perkussion
  • Horn/Klavier 1
  • Klavier 2 oder Keyboard/ Altblockflöte
  • Klavier 3
  • Klavier 4 oder Keyboard /Schlagzeug 1
  • Schlagzeug 2/ Perkussion
  • Schlagzeug 3/ Marimba
  • akustische Gitarre 1
  • akustische Gitarre 2
  • akustische Gitarre 3/ E-Gitarre
  • Geige 1
  • Geige 2
  • Violoncello.
  • Aus der 5. Klasse sind noch eine Klarinette, eine Trompete und zwei Posaunen dabei.

Die Fähigkeiten der Schüler sind sehr, sehr unterschiedlich. Da gibt es diejenigen, die das Notenblatt hingelegt bekommen und es nach dem zweiten Durchlauf drauf haben und die, mit denen ich jedes Mal aufs neue den ersten Ton auf dem Instrument erst suchen muss, damit zumindest der halbwegs stimmt.

Aus diesen Informationen lässt sich leicht ableiten, dass Standardwerke nicht in Frage kommen. Es gibt Arrangements mit variablen Stimmen zu kaufen, wo es schwerere und leichtere Parts in allen möglichen Stimmungen gibt und die meisten Kollegen greifen dankbar darauf zurück, denn sie funktionieren meist ganz gut.

Mich reizt es allerdings mehr eigene kleine Stücke zu schreiben. Ich versuche die unterschiedlichen Fähigkeiten so zu berücksichtigen, dass keiner zu sehr unterfordert wird und dass es aber auch noch halbwegs gut klingt. Die verschiedenen Klangfarben der Instrumente sollen im Lauf der Stücke immer wieder in Szene gesetzt werden. In Konflikt gerate ich mit mir selbst immer dann, wenn ich eine gute musikalische Idee habe, die die Schüler an ihre Grenzen bringt oder eigentlich darüber hinaus geht. Was heraus kommt ist also stets ein Kompromiss zwischen dem was ich eigentlich möchte und dem was meine Spieler können.

Die Aufnahme, die am Ende einer Probenphase entstand, hört sich ziemlich schräg an. Intonation – also das genaue Treffen der richtigen Töne ist mitunter doch sehr, sehr schwer. Aber ich gebe dabei noch einmal zu bedenken, dass die Kinder zwischen 10 und 12 Jahre alt sind, und einige erst seit etwa eineinhalb Jahren auf ihrem Instrument Unterricht haben. Leider standen uns aus logistischen Gründen auch keine Mikrofone zur Verfügung, so dass das Klangbild nicht ausgewogen ist.

Und hier nun der Link.

 

Radio Julia – The End Of The Game

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Es ist zwar nicht so, dass ich in meiner Jugend keine Popmusik gehört hätte, aber ernsthaft damit beschäftigt habe ich mich nicht. Als ich mit 12 oder 13 (oder war es vielleicht sogar noch später?) einen CD-Player bekam, wünscht ich mir hauptsächlich Klassik: Cellokonzerte, Cello-Sonaten, Cello-Solo-CDs – ich glaube es wird klar, wo meine Prioritäten lagen. Die einzige Pop-Musik die ich mir mal gekauft habe, war eine Kuschelrock-CD und das war fast mehr aus Gruppenzwang heraus, denn aus echtem Interesse. CDs waren ja soooo teuer damals.

So ist es nicht verwunderlich, dass mein Mann, der in seiner Schulzeit in einer Band gespielt hat, zu Beginn unserer Beziehung einen großen Wissensvorsprung in Sachen populärer Musik hatte (ok, vermutlich jetzt immer noch). Aber ich habe mich schnell von seiner Begeisterung für verschiedene populäre Musiker anstecken lassen. Und besonders die Liebe zu den Liedern einer Musikers verbindet uns tief: Sting!

Gerade als unsere drittes Kind so alt war, dass wir es mal wieder wagten, einen Abend zu zweit zu verbringen, kam Sting mit „Symphonicities“ nach Stuttgart. Man bedenke noch einmal ich bin völlig klassisch sozialisiert. Was soll ich sagen? Es war das wunderbarste Konzert, was ich bis dahin erlebt hatte. Ich hatte von Anfang bis Ende eine Gänsehaut. Stings Musik mit einem großen Sinfonieorchester – die Arrangements aus meiner Sicht fantastisch! Selbstverständlich luden wir uns die Musik sobald es sie zu kaufen gab.

Heute möchte ich kurz näher auf den Song „The End Of The Game“ eingehen.

Es geht im Text um ein Paar Füchse, ein Männchen und ein Weibchen, die ihr Leben lang gejagt werden und nun am Ende ihres Lebens angekommen sind. Für eine weitere inhaltliche Interpretation möchte ich auf einen Artikel hier verweisen (ist auf Englisch).

Musikalisch reizt mich neben dem perfekten Gespür des Arrangeurs für Klangfarben die Rhythmik.

Ohne Notenmaterial stellt es sich als ganz schön schwierig heraus allein nur die Taktart zu bestimmen. Ein Blick auf den Dirigenten im Video hilft nicht wirklich weiter. Der schlägt zunächst einen schnellen Dreier und dann sieht es ganztaktig aus, dann wieder hemiolisch. Vollendet hat meine Verwirrung dann ein Googleversuch, der mir einen Auszug aus dem Sheet bot. Notiert ist das Stück im Dreihalbe-Takt. Allerdings finden permanent Akzentverschiebungen statt. Eine ganz genaue Analyse erscheint mir letztlich viel zu aufwändig und nicht zielführend.

Folgendes möchte ich aber festhalten: Durch einen zugrundliegenden Puls, der beibehalten (zunächst Streicher, später vor allem Gitarren) und mal mehr mal weniger verstärkt wird, entsteht vor dem inneren Auge quasi sofort das Bild der getriebenen Füchse. Im weiteren Verlauf finde ich vor allem das Schlagzeug spannend. Während die Melodie jeweils in zwei zusammengehörigen Dreiereinheiten geordent ist markiert die Snare den ersten und dritten Schlag eines doppelt so langen Dreiers (Klugscheißermodus: hemiolischer Einsatz des Schlagzeugs). Ich sehe dabei Jagende und Gejagte, die voranstürmen um atemlos kurz einzuhalten, sich zu orientieren, zu wittern und „das Spiel weiter spielen“. Eine melodische Begleitebene beschwört die Weite der grünen englischen Heimat Stings herauf. Ein von tiefen Blechbläsern geprägtes Zwischenspiel passt perfekt zu einer herrschaftlichen Jagdgesellschaft.

Die Gesangsmelodie ist geprägt durch ein fallendes Motiv, das zunächst immer nur wenig abgewandelt wird und durch beide Aspekte (fallend und sich wiederholend) umgehend eine gewisse Melancholie erzeugt. Sting bestreitet den Gesangspart nicht alleine, sondern zusammen mit Jo Lawry als Backgroundsängerin. Die Klangfarben beider Stimmen in Kombination sind grundsätzlich sehr reizvoll, aber hier passen sie wirklich perfekt. Manchmal leicht rauh, stets kraftvoll und metallisch aber irgendwie doch zärtlich. Man sieht die Füchse als anmutige, aber doch wilde Tiere vor sich. Die Anklänge an englische Folklore sind in den Violinen aber auch Koloraturen in den Gesangsparts nicht zu überhören. Unübertroffen ist noch das Hundgeheul am Ende, dass das Bild vom Ende der Jagd perfekt macht.

Wie gesagt, das ist keine wirklich detaillierte Analyse, aber schreibt mir doch, was euch beim Hören noch so auffällt! Ich liebe den Song jedenfalls!

Radio Julia – Jenny Wren

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Eine neue Kategorie: Unter „Radio Julia“ stelle ich künftig Songs vor, die zu meinen absoluten Lieblingsstücken der populären Musik zählen.

Ich muss zugeben, dass mich vor allem Klangfarben, Melodien, Rhythmen und Zusammenklänge ansprechen. Es kann schon mal passieren, dass ich erst nach Jahren merke, worum es im Text eines Songs eigentlich genau geht. Dem liegt absolut keine Geringschätzung für Lyrik zugrunde. Es ist viel mehr so, dass ich es selten schaffe, mich darauf zu konzentrieren, weil ich einfach mit der Musik beschäftigt bin. Und so werde ich auch eher auf die musikalischen Aspekte eingehen.

Heute macht ein Song von Paul McCartney den Anfang. „Jenny Wren“ stammt aus dem Album „Chaos an Creation in the Backyard“ von 2005. Das Lied war die zweite Singleauskopplung.

McCartney verleiht dem Song einen ganz besonderen Sound, indem er zum einen seine Gitarre einen Ganzton tiefer stimmt, zum anderen setzt er ein besonderes Soloinstrument ein: Eine armenische Duduk. Es handelt sich um ein Holzblasinstrument. Es ist etwa so groß wie eine Flöte, besitzt jedoch ein sehr großes Doppelrohrblatt. Es erinnert im Klang eher an das tiefe Register einer Klarinette als an eine Oboe. Klanglich reizvoll finde ich auch, dass er den Gesangspart in den Strophen mit der Gitarre verdoppelt.

Ich kann nicht verhehlen, dass mich der Klang akustischer Instrumente in populärer Musik besonders anspricht, weil ich absolut klassisch geprägt bin und mit dem guten Reinhard Mey überstimme, wenn der singt:

Da lob‘ ich mir ein Stück Musik von Hand gemacht

Noch von einem richt‘gen Menschen mit dem Kopf erdacht,

‘ne Gitarre, die nur so wie ‘ne Gitarre klingt,

Und ‘ne Stimme, die sich anhört, als ob da jemand singt.

Halt ein Stück Musik aus Fleisch und Blut,

Meinetwegen auch mal mit ‘nem kleinen Fehler, das tut gut,

Das geht los und funktioniert immer und überall,

Auch am Ende der Welt, bei Nacht und Stromausfall!

„Like so many girls, Jenny Wren could sing – But a broken heart took her song away“ lauten die ersten Zeilen bei McCartney. Mir gefällt an der harmonischen Umsetzung, dass McCartney innerhalb dieser kurzen Strecke mehrfach mit den Tongeschlechtern spielt. So bekommt neben der Grundtonart B-Dur, der parallele Mollakkord g-Moll besonderes Gewicht und die Phrase endet statt auf B-Dur, auf b-Moll. Das kurze Zwischenspiel bis zur nächsten Textzeile bleibt noch auf b-Moll. Doch die neue Phrase startet wieder mit B-Dur. Dieses unmittelbare Nebeneinanderstellen von gleichnamigem Dur und Moll ist für einen Popsong schon ziemlich ungewöhnlich und raffiniert.

Die Melodie ist dabei völlig unspektakulär: Eine Abwärtsbewegung beginnend auf der Terz von B-Dur im Umfang einer Quinte in Sekundschritten gefolgt von einer Aufwärtsbewegung, die auf der Moll-Terz endet. Diese Einfachheit lässt aber eben gerade den Raum, dass Klangfarben und Harmonien wirken können.

Die Rhythmik ist ebenfalls nicht sehr komplex, die Synkopierungen unterstreichen jedoch den insgesamt eher exotischen Sound.

Ich belasse es mal bei diesen wenigen Bestrachtungen, denn ich habe nicht die Absicht, meine Lieblingsmusik in jegliche Details zu zerpflücken, sondern will mir nur durchs Schreiben selbst klar werden, warum ich den jeweiligen Song eigentlich so sehr mag.

Also wer Lust bekommen hat, den Song anhören und dann beim nächsten Mal wieder Lesen, wenn es heißt „Radio Julia“.

 

Ich fasse es nicht!

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Ich habe einen riesigen Berg Arbeit soeben beendet. Es handelt sich um das Arrangement eines Musicals.

Mein Musikerkollege führt mit seinen Unterstufenchören jedes Jahr ein Musical auf. Letztes Jahr habe ich erstmals zwei Stücke mit meinem Unterstufenorchester begleitet und dafür auch arrangiert. Das klappte so gut, dass wir überein kamen, dass mein Ensemble ab sofort so weit wie möglich integriert werden soll. Das bedeutete aber auch, dass das Einrichten des Musicals hauptsächlich meine Aufgabe sein würde, da ich die Fähigkeiten meiner Leute am besten einschätzen kann.

Im digitalen Zeitalter ist so ein Arrangement eigentlich recht bequem erstellt, wenn der Verlag, wie im vorliegenden Fall, Notendateien zur Verfügung stellt. Ich muss also mitnichten zu Stift und Papier greifen, wie das noch in meinem Studium der Fall war.

Es bleibt aber insgesamt trotzdem viel, viel zu tun. Fehlende Stimmen (z.B. Schlagzeug) müssen von der Aufnahme herunter gehört werden, Stimmen für überzählige Musiker („Oh, da sind ja noch vier Gitarren, was machen wir denn jetzt mit denen?“) müssen erfunden werden, Instrumente je nach Fähigkeiten der Musiker ausgetauscht werden usw.

Insgesamt 16 Stücke waren diesmal zu bearbeiten. Wenn ich keine Rücksicht auf meine sonstigen Verpflichtungen wie Unterricht, Kinder, Haushalt hätte nehmen müssen, hätte ich vielleicht zwei Woche dafür gebraucht. Da diese Option aber nicht bestand, wurstelte ich mich häppchenweise durch und habe nun gerade eben nach fünf Monaten (!) eine Gesamtpartitur an meinen Kollegen verschickt!

Da werden noch Fehler auszubügeln sein, da müssen noch Stimmauszüge gemacht werden, da wird vielleicht auch noch mal umarragiert werden müssen, wenn die Kids es doch nicht so hinbekommen, wie erhofft. Aber die wichtigste Probenphase steht nächste Woche an und ich bin somit rechtzeitig dafür fertig geworden. Halleluja!

 

 

 

Tempus fugit

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Heute war der Lauf selten unangenehm: Schneeregen, Windböen, der Weg eine einzige Pfütze. Aber meine Form war gut, der Lauf schneller vorbei als gedacht. Erstaunlich schnell ist mein Muskelkater von der Waldarbeit abgeklungen. Meine Beine schillern nach wie vor in den herrlichsten Blau-Rot-Grün-Gelbtönen, jedoch auch hier sind die Schmerzen quasi schon weg.

Das Schwimmen gestern war super! Eine ganze Bahn am Rand für mich allein, keine Schulkinder – das habe ich in vollen Zügen genossen. Ich habe kaum gemerkt wie die Zeit verging. Fast wäre ich zum nächsten Termin zu spät gekommen.

Selten zuvor kam mir die Gegenwart so flüchtig vor. So viele Kilometer dieses Jahr schon zurückgelegt, so viele neue weiße Haare auf meinem Kopf, gestern schon wieder die Kalender umgeblättert – und heute geht mein Sohn – mein erstes Baby – schon zum ersten Mal zur Kommunion.

Und irgendwie habe ich das Gefühl ich könnte den Tag auch absolut sinnvoll füllen, wenn er 48 Stunden hätte.

„Holz und Stein“ hat übrigens noch einen „Kollegen“ bekommen: „Stein, Holz und Metall“ ist eine Komposition für Violine und Violoncello. Im Stil ist sie sehr an Arvo Pärt angelehnt. Ich freue mich sehr, dass beide Stücke heute Abend im Gottesdienst erklingen werden.

Gerade dem Komponieren würde ich so gerne mehr Zeit widmen. Ich müsste mich auch unbedingt noch in ein paar Dinge in Sachen Notation, Arrangement und Instrumentation einlesen und würde gerne noch viel mehr Musik hören. Aber all das geht nicht nebenbei. Mir ist es schon passiert, dass ich am Computer saß und nur einen Takt notieren wollte und bis ich es endlich geschafft hatte, waren zwei der drei Kinder vier Mal mit Fragen oder Wünschen an mich herangetreten. Bei einem Musikstück von sieben Minuten musste ich neulich drei Unterbrechungen hinnehmen, bis ich es durchgehört hatte. Das geht eigentlich gar nicht, wenn man professionell arbeiten möchte. Es ist wirklich kein Wunder, dass ich meinen Drang mich musikalisch auszudrücken so lange unterdrückt habe. Es tut manchmal fast körperlich weh, wenn da ein Klang oder ein Gefühl ist, die in mir zu Musik werden wollen, aber ich einfach keine Zeit habe, dem nach zu geben.

Doch so knapp mir meine Zeit auch vorkommt, ist diese Empfindung doch eigentlich Ausdruck eines ungeheuren Reichtums. Menschen, Ideen, Dinge – ich lebe im Überfluss. Und deshalb ist da, neben einem kleinen Bedauern nicht allem nachgeben zu können, auch eine immense Dankbarkeit für den Reichtum, der meine Leben erfüllt.

2015: 40 Läufe, 389,3 km, 21 km geschwommen

Auszeit und Inspirationen

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So, jetzt hat mich ein Schnupfen ereilt. Und weil ich gerade auch in einer recht kreativen Phase stecke, musste das Laufen diese Woche einmal ausfallen. Das Schwimmen fiel einer Prüfung zum Opfer, die ich beaufsichtigen musste.

Wenn ich nicht zahlreiche Verpflichtungen familiär und beruflich hätte, dann würde ich vermutlich nur noch zwischen Computer, Cello, Klavier – und Posaune hin und her pendeln. Denn nicht nur, dass ich meine „alten“ Instrumente, also die, die ich studiert habe, gerade wieder sehr zu schätzen weiß und Spaß am Üben habe, nein, seit einer Woche besitze ich auch noch eine Posaune.

Ursprünglich hatte ich vor, mir zu meinem 40. Geburtstag ein Instrument schenken zu lassen (oder es selbst zu tun). Mein Vater hat damals ein Tandem geschenkt bekommen und seither leidet er, wenn er mal einen Tag nicht Rad fahren darf. Deshalb erschien mir dieser Geburtstag ein reizvoller Zeitpunkt etwas neues anzufangen. Seit ich meinen Mann kenne finde ich Blechblasinstrumente äußerst faszinierend. Vorher waren meine Erfahrung mit dieser Instrumentenfamilie grob gesagt gruselig gewesen. Alles was ich an Blasmusik bis dahin gehört hatte, war einfach nur laut, falsch, unmusikalisch gewesen. Mein Mann – damals noch nicht mal Freund – schenkt mir dann eine CD des Ensembles German Brass und mir war eine neue Welt eröffnet. Allerdings hatte ich nicht den Mut selbst so etwa völlig neues anzufangen und nutzte im Studium erst einmal die Gelegenheit an der Querflöte fit zu werden. Da mich die Familie und das Fußfassen im Beruf jetzt mittlerweile seit zehn Jahren voll beschäftigt haben, blieb zwar immer der Wunsch ein Blechblasinstrument zu erlernen, aber ich schob das auf einen Zeitpunkt, wenn ich wieder mehr Zeit für mich haben würde. Der 40. Geburtstag erschien mir recht realistisch. Vor knapp drei Wochen war ich dann in einem Konzert des Jazzorchester meines Mannes (er ist Trompeter) und quasi spontan war der Entschluss da. Ich werde keine drei Jahre mehr warten. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt. Jetzt fange ich an. Mein Mann ist sofort aktiv geworden und kam letzten Donnerstag von seiner Probe mit einer – meiner! – Posaune zurück. Jetzt halte ich brav Töne aus und werde mir bald etwas Unterricht geben lassen. Ziel ist es, mit meinem Mann Duette für jeden Anlass auf Lager zu haben.

Neben dem neuen Instrument hat mich eine neue Freundschaft inspiriert. Tolle Gespräche bei Tee über Musik und die Welt und eine Fotosammlung haben einen kreativen Schub in mir ausgelöst. Ein Stück für Gitarre und Cello ist dabei heraus gekommen an dem nur noch etwas gefeilt werden muss.

Um ehrlich zu sein, wollte ich, seit ich ein Instrument spiele, immer selbst Musik schreiben und habe das auch in kleinem Rahmen immer wieder getan. Allerdings wollte ich nie für die Schublade produzieren, sondern meine Musik auch hören können. Hin und wieder ergaben sich Gelegenheiten (z.B. sang ich ein eigenes Lied bei meiner Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule), aber im Großen und Ganzen fehlte mir doch immer der Mut meiner Neigung ernsthaft nach zu gehen. Ein Kompsitionsstudium traute ich mir leider nicht zu. Mit meiner Arbeit als Lehrerin stand ich plötzlich vor der Situation, dass ich ein Ensemble vor mir hatte, für das es keine geeignete Musik gab. Die Fertigkeiten der Spieler waren höchst unterschiedlich, die Besetzung grob gesagt ungewöhnlich. Ich hatte die Wahl nur zu arrangieren oder gleich zu komponieren. Ich entschied mich mehrheitlich für die Komposition. Und es war sehr befriedigend, als ich meine Ideen umgesetzt hört und bei den Aufführungen alles den Umständen entsprechend funktionierte. Von vielen Seiten kam Anerkennung.

Trotz all dem fehlte eigentlich immer die Zeit, mich intensiv mit Komposition zu beschäftigen. Aber mir ist klar, richtig gut werden kann man nur, wenn man die Materie ganz durchdringt. Ich muss hören, lesen und vor allem viel, viel schreiben, wenn ich mich guten Gewissens Komponistin nennen möchte. Also fiel irgendwann der Entschluss, jede Gelegenheit Musik zu schreiben zu nutzen.

Und die nächste Inspiration wartete schon, denn mit der beste Freund unserer Familie wird heiraten. Seine Braut wünscht sich Cellomusik zur Trauung und nun arbeite ich an einer Komposition für Trompete und Cello. Ein Duett scheint mir für eine Hochzeit symbolisch ohnehin am geeignetsten.

Gestern dann kamen zwei meiner Schülerinnen auf mich zu. Sie möchten gemeinsam musizieren, aber es gäbe keine geeignete Literatur. Ob ich ihnen nicht etwas schreiben könnte. Die Rohfassung ist schon fertig.

Und vor dem nächsten Lauf will ich gleich noch an mein Cello. Ein kleines Solostück für eine Kirche, in der ich gestern gesungen habe, spuckt mir im Kopf herum…

2015: 35 Läufe, 338,5 km, 16 km geschwommen.